Fragen von Christoph Völlinger, Verwaltungsrat, und Ursula Völlinger, Pfarrgemeinderat
Hallo Herr Mölig!
Sie haben die Architektenleistungen
zu unserem Projekt „Sanierung der Kirche St. Georg“ vor etwa 2 Jahren
übernommen. Wie geht es Ihnen mit unserem Projekt und unserem Bauherrn,
vertreten durch den Bauausschuss?
Als erstes möchte ich ein riesiges Lob an die Helfer/innen
richten, die ein wahnsinniges Engagement an Eigenleistung investieren und deren
Lob während der Bauphase viel zu kurz kommt.
Generell
empfinde ich das große Engagement der Mitglieder der Pfarrgemeinde Großenlüder
als sehr außergewöhnlich. Das fängt bei den vielen Spenden an, geht über das
persönliche Engagement von Bauausschuss und Pfarrer bis zu unserem Großenlüderer
Projektleiter Christian Diegelmann. Bei allen Diskussionen steht immer ein
herzlicher, respektvoller und kreativer Umgang im Mittelpunkt, was ich sehr
schätze und wofür ich mich auch bedanken möchte.
Ebenfalls
geht auch ein dickes Lob an den Denkmalschutz, die Fachplaner und an das Bistum
Fulda. Hier gilt es vor allem Frau Schlegel zu erwähnen, die das Projekt von
Seiten des Bistums begleitet und sehr kreativ und routiniert betreut.
Es ist ja die derzeit größte Baustelle in der
Diözese. Wie läuft denn die Realisierung?
Die
Sanierung einer Kirche ist immer eine herausfordernde und anspruchsvolle
Aufgabe, der wir mit viel Respekt begegnen. Nachdem wir erst nach Abschluss des
Entwurfsprozess in das Projekt eingestiegen sind, mussten wir uns erst mal in
die Historie einarbeiten und uns mit den bis dahin herausgearbeiteten
Schwerpunkten vertraut machen.
Zu
Beginn der Maßnahme ging es erst einmal darum, die Schadensursache der
Kreuzgewölbe herauszufinden, um dann die richtigen Sanierungsschritte
einzuleiten. Es hat sich gezeigt, dass es sich dabei um einen alten bauzeitlichen
Schaden handelt, der bereits beim Bau der Kirche durch Wassereintritt
verursacht wurde. Die
Schäden sind alle behoben, die Stuckelemente wieder angebracht und beigespachtelt.
Weiterhin sind die Elektrotechnik und die Wandheizung eingebaut und die
Kirchenwände sind mit einem neuen Kalkputz versehen worden.
Als
nächster großer Meilenstein wird Mitte August das Raumgerüst aus dem Inneren
der Kirche abgebaut, um danach die Fußbodenheizung und den Estrich einzubringen.
Das Bauvorhaben befindet sich im Zeitplan und wird voraussichtlich Anfang
Dezember fertig werden. Sicherlich gibt es noch das ein oder andere zu tun, aber
die Hauptarbeiten müssten beendet sein.
Was gefällt Ihnen besonders an unserer
Kirche und an dem, was inzwischen miteinander abgestimmt und erarbeitet wurde-
und wo/was hätten Sie sich noch mehr gewünscht?
Bei der
Kirche in Großenlüder handelt es sich um eines der größten und sehenswertesten
Gotteshäuser im Fuldaer Land. Wir haben im Gestaltungskonzept versucht,
verschiedene Schwerpunkte zu setzen. Einerseits wollten wir den historischen
Ursprung der Kirche wieder entdecken, zum anderen den Kirchenbau an den
heutigen und zukünftigen Anforderungen ausrichten. Ein paar
Gestaltungsschwerpunkte und wie wir dahin gekommen sind, möchte ich hier kurz
beschreiben.
Durch
die Raumhöhe und das Kreuzgewölbe entsteht ein saalartiger Raum, der alleine
durch seine Höhe schon sehr beeindruckend wirkt. Das große Volumen war auch
Anlass dafür, das Heizkonzept noch einmal zu überprüfen. Während dieses Prozesses
wurde auch die jetzige und zukünftige Kirchennutzung diskutiert. Was wiederum dazu
führte, den Fußbodenbelag zu entfernen, um eine Fußbodenheizung zu
installieren. Das jetzt gewählte Heizkonzept mit Fußboden- und Wandheizung ist
für eine Kirche sehr innovativ und lässt durch die angenehme Strahlungswärme zukünftig
eine flexible Nutzung der Kirche zu.
Die
Farbgestaltung der Kirche wurde intensiv diskutiert. Bei der Entscheidung hat die
Untersuchung der historischen Farbschichten gezeigt, dass die Kirche in ihrer
ursprünglichen Farbfassung monochrom
gestrichen war. Das heißt, es wurde auf Vielfarbigkeit oder farbige Akzente
verzichtet. Um eine Szenografie
des Lichtes und des Raums zu bekommen, haben wir uns für die ursprüngliche
weiße Farbfassung entschieden. Der Lichteinfall, der durch die hohen Kirchenfenster
in den Raum eindringt, und die weiße Raumschale vervollständigen den
hallenartigen Raumeindruck. Bei Dunkelheit werden das Kreuzgewölbe der Decke
und die Gewölbe der Fenster durch direktes Licht angestrahlt. Durch den
Schattenwurf der Voluten und Gesimse wird die architektonische Gliederung der
Decke verstärkt und prägt den Kirchenraum.
Am Boden
des Mittelschiffes soll als ordnendes und führendes Element eine geradlinige
und dezente Fliesenfuge verlaufen. Durch diese Fuge wird der Besucher
unaufdringlich und subtil vom Haupteingang bis zum Altar geleitet.
Um den
Raumeindruck und die zukünftige Nutzung der Kirche so wenig wie möglich zu
beeinflussen, haben wir im Bauausschuss auch schon die reduzierte Ausstattung
der Kirche diskutiert. Hierbei bin ich ein Befürworter der Variante, mit einer möglichst
reduzierten Ausstattung zu beginnen. Vorteil wäre, dass man viel
Interpretationsspielraum lässt, damit zukünftige Generationen den Kirchenraum
für sich entdecken und nutzbar machen können.
Wie sehen Sie die Zukunft der
Kirchennutzung? Wo sollte sich die Kirche weiter öffnen und der jungen
Generation mehr Identifikationsmöglichkeit einräumen?
Für mich
ist der Bau- und Gestaltungsprozess ähnlich wie die zukünftige Nutzung der Kirche:
Es darf sich entwickeln. In dem Moment,
wenn die Kirche wieder für die Gemeinde nutzbar wird, wird sichtbar, welche
Wege wir gefunden haben und welche Kompromisse ausgehandelt wurden. Da ist einerseits
die Freude am gemeinsam Erreichten und andererseits an der Feststellung, dass
wir unsere Probleme lösen können und mit positivem Denken die Welt verändern
können.
Eine
Kirche ist ein Versammlungshaus, dem eine besondere Würde zukommt. Die neue
räumliche Gestaltung lässt zukünftig viel Spielraum, die Kirche zu nutzen und
sich als Gemeinde zu entwickeln. Erst
wenn wir Ballast der Vergangenheit loslassen, entsteht Raum für Zukünftiges.
Die
Gemeinde hat sich mit der Sanierung auf den Weg gemacht, das Kirchengebäude in
die Zukunft zu führen. Ab Dezember darf sich die Gemeinde auf den Weg machen, die
Potentiale der neuen Gestaltung zu entdecken und zu nutzen. Auf diesen Moment
freue ich mich und bin gespannt, wo der Weg hinführt.